Hochgestellte Frauen schreiben an ihren Ehemann, den sie zärtlich "mein Stern" nennen. Der Segen der Götter wird beschworen, um den Angesprochenen zu schützen.

"Zu meinem Stern sprich! Folgendes sagt Inibschina. Neulich hatte Schelebum, der Kultsänger, mir eine Weissagung gebracht, und ich schrieb Dir (darüber). Nun kam die Sprecherin des Gottes Dagan von Terqa her und sprach wie folgt, folgendes sagte sie:

'Die Friedensbemühungen des Mannes* von Eschnunna sind reiner Betrug. 'Unter dem Stroh fliesst das Wasser.'**
Aber ich werde ihn in einem Netz*** einfangen, das ihn festhält. Ich werde seine Stadt vernichten und sein Eigentum., das von alters her nicht zerstört wurde, werde ich zerstören.'
Dies sagte sie mir. Nun pass auf Dich auf! Ohne eine Leberschau**** gehe nicht in diese Stadt hinein! Hier ist, was ich höre: 'Er geht immer wieder allein herum.' Gehe nicht allein herum!"

Quelle: Archives Royales de Mari Bd. 10, Nr. 80.


 
 
 
 
 

*      Gemeint ist der König dieses Landes.

**    Das Sprichwort bedeutet: "Unter einer ruhigen          Oberfläche brodelt es".
***  Das Netz war eine Kampfwaffe im 3. und 
         2. Jt. v. Chr.
 
 
 
 

****Man schlachtete ein Schaf und besah sich die          Leber nach  Anomalien, aus denen man          Rückschlüsse auf zukünftige  Ereignisse ziehen          konnte.

  In einem anderen Brief übermittelt Inibschina die Worte einer Prophetin, die ihre Weissagung wahrscheinlich ebenfalls der Göttin Annunitum zu verdanken hatte.

"Sprich zu meinem Stern! Folgendes sagt Inibschina: Innibana, die Prophetin, stand auf und sprach wie folgt: 

'O Zimri-Lim*, die Stadt Scharrakiya (werde ich) ihren Feinden (übergeben) und denen, die sie einschliessen ...

Ich übersende hiermit mein Haar und meinen Gewandsaum. Man soll mich frei erklären (von rechtlichen Ansprüchen).'

Ich sende nun hiermit Haar und Gewandsaum an meinen Stern. (Mein) Stern soll eine Leberschau durchführen lassen, damit er entsprechend (des Befundes aus) seiner Leberschau handeln kann. (Mein) Stern soll auf sich aufpassen!"

Quelle: Archives Royales de Mari Bd. 10, Nr. 81.


 
 
 
 
 
 
 
 

*Zimri-Lim, König von Mari (1776-1762 v. Chr.)

  Als Ehefrau des Königs Zimri-Lim (1776-1762) leitete Schibtu einen eigenen Palast mit all seinen Verwaltungsaufgaben. Darüber hinaus sorgte sie sich um das Wohl ihres Herrn und Meisters. Wenn Ekstatiker oder Kultpriester in Trance fielen und eine göttlich inspirierte Weissagung machten, war die Königin darauf bedacht, diese sofort an den Adressaten, den König, gelangen zu lassen.

"Zu meinem Herrn sprich! Folgendes sagt Schibtu, deine Dienerin: Der Palast ist sicher und wohlbehalten. Im Tempel der Göttin Annunitum fiel am 3. dieses Monats Schelebum in Trance. So sprach Annunitum (aus ihm):

'O Zimri-Lim, mit einer Revolte wollen sie dich prüfen. Passe auf dich auf!
Setze an deine Seite Diener, Kontrolleure, die du liebst. Postiere sie so, dass sie dich schützen können. Gehe nicht allein herum.
Was die Männer betrifft, die dich prüfen wollen, die werde ich in deine Hand geben.'
Nun habe ich meinem Herrn das Haar (und den Gewandsaum) des Kultsängers (als Beweis für die Richtigkeit der Prophezeiung) gesandt."

Quelle: Archives Royales de Mari Bd. 10, Nr. 7.