Ludlul bel nemeqi heisst übersetzt "Ich will preisen den Herrn der Weisheit". Der Text gehört zu der Weisheitsliteratur. Es handelt sich dabei um die Klage eines Mannes in Form eines dramatischen Monologes. Er entstand aus einer Situation, die den Schreibern in Babylonien gut bekannt war. Man setzte eine gerechte Herrschaft der Götter über die Welt voraus und deutete das Unglück und Leid als Folge der Verfehlungen des Individuums. Aber gerade aus dieser persönlichen Sphäre erwuchsen zuerst Zweifel an der göttlichen Gerechtigkeit. Das Werk drückt wie kaum eine andere literarische Schöpfung die religiösen Gefühle des in der Ichform klagenden Marduk-Verehrers aus. 

Der leidende Gerechteist eine einflussreiche Persönlichkeit, bekleidet hohe Ämter und verfügt über Grundbesitz und Sklaven. Zugleich ist er ein frommer Mann, der Gott vertraut und dem König ergeben ist. Dennoch muss er erleben, dass sein Gott ihm den Schutz entzieht, und sich jedermann von ihm abwendet. Er wird von Krankheiten befallen und zuletzt zum Sklaven gemacht. Auf der dritten Tafel des wahrscheinlich vier Tafeln umfassenden Werkes wendet sich alles wieder zum Guten. Marduk ist dem Leidenden wieder gnädig und bringt ihn abermals zu Ehren. Preis sei Marduk!