Brief in Original-Hülle
Könige erbaten im Alten Orient oft Zeichen von den Göttern, um Hilfe in Bezug auf ihr Handeln zu erhalten.

Diese Zeichen können bewusst herbeigeführt werden, in dem man die Eingeweide eines geschlachteten Schafes beschaut, nachdem eine konkrete Anfrage gestellt ist. Oder aber die Zeichen können eher zufällig auftreten, wie z.B. bedeutungsschwangere Träume und Trancezustände von Seherinnen und Ekstatikern.

Der nachfolgende Brief stammt von König Zimri-Lim (1776-1762 v. Chr.) aus Mari, einem Staat mit der Hauptstadt am Euphrat im heutigen Syrien. Er ist an einen Gott gerichtet. Er bezieht sich auf vorangegangene Orakelanfragen, die anscheinend nicht mit der erwünschten Klarheit beantwortet wurden.

"Zum Flussgott, meinem Herrn, sprich! Folgendes sagt Zimri-Lim, dein Diener:
Jetzt habe ich meinem Herrn einen goldenen Becher geschickt. Als ich früher meinem Herrn meinen Plan schrieb, hat mein Herr mir ein Zeichen gezeigt. Mein Herr möge (jetzt) das Zeichen, das er zeigte, vollständig machen. Auch möge mein Herr beim Schutz meines Lebens nicht gleichgültig werden. Mein Herr möge seine Aufmerksamkeit nicht anderswohin wenden. Ausser nach mir möge mein Herr nach keinem anderen Verlangen haben!"
Quelle: George Dossin, Syria Bd. 19, 1938, S. 126.